Neues Gesetzesvorhaben
Automatische Vertretung unter Ehegatten und Lebenspartnern bei Verlust der eigenen Handlungsfähigkeit soll per Gesetz eingeführt werden
Nach geltendem Recht können Ehegatten und Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft für den nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner weder Entscheidungen über medizinische Behandlungen treffen noch im Rechtsverkehr vertreten – solange dieser nicht als rechtlicher Betreuer anerkannt ist oder von ihm durch eine Vorsorgevollmacht wirksam bevollmächtigt wurde.
Eine Vorsorgevollmacht ist wichtig, um selbstbestimmt zu entscheiden, wer einen im Falle des Verlustes der eigenen Handlungsfähigkeit vertreten soll. Besonders in der ersten Zeit nach einem Unfall oder einer unerwarteten schweren Krankheit ist es für Betroffene und Angehörige eine große Belastung, wenn erst ein Gericht über einen Betreuer entscheiden muss. Die meisten Menschen wünschen sich eine Vertretung durch ihren Partner und gehen zudem davon aus, dass ihr Partner sie in diesem Fall auch per Gesetz vertreten darf. Das ist jedoch falsch. Nur eine Vorsorgevollmacht berechtigt derzeit den Partner, die übertragenen Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Das will die Politik ändern.
Der Gesetzesentwurf konkret
Mit dem aktuellen Gesetzesantrag vom 7.9.2016 würden sich Ehegatten und eingetragene Lebenspartner »automatisch« gegenseitig vertreten können – ohne dass es dafür einer ausdrücklichen Vorsorgevollmacht bedarf. Ein der Vertretung durch den Partner entgegenstehender Willen soll als Widerspruch in das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen werden können. Der somit eintretende Automatismus wird in Expertenkreisen durchaus kontrovers diskutiert. Auch schon deshalb wird es interessant sein, ob sich der Gesetzesantrag im weiteren Verfahren so durchsetzen kann.
Hier können Sie sich den Gesetzesantrag ansehen.
Was ist mit den Kindern?
Die geplante Gesetzesänderung sieht jedoch nur eine Vertretung durch Ehegatten und eingetragene Lebenspartner vor: Kinder werden NICHT mit einbezogen. Häufig sind es jedoch gerade die Kinder, die eine Vorsorgevollmacht ausüben sollen. Dafür müssten Sie also auch weiterhin eine individuelle Vorsorgevollmacht erteilen.
Braucht man dann noch eine Patientenverfügung?
Was hilft eine gesetzliche Vollmacht ohne eine Patientenverfügung in der Sie Ihren Willen zum Ausdruck bringen? Die Vollmacht überträgt lediglich eine Entscheidungsvollmacht. Welche intensivmedizinischen Maßnahmen Sie ablehnen bzw. welche Behandlungen Sie wünschen bleibt damit offen. Nur in der Kombination mit der Erstellung einer Patientenverfügung können Sie Ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen und damit im Anwendungsfall auch dem Bevollmächtigten eine belastbare Entscheidungsgrundlage an die Hand geben. Ansonsten bliebe der Bevollmächtigte in einer ohnehin schon schwierigen Situation mit seinen Entscheidungen auf sich alleine gestellt.
Nicht abwarten – werden Sie aktiv!
Es gibt daher keinen Grund auf den Ausgang des Gesetzesvorhabens zu warten, da dieser in den Kernpunkten, wenn es um Ihre Selbstbestimmung geht, nur bedingt greift. Sofern Sie noch keine vollumfänglichen Vorsorgedokumente erstellt haben, sollten Sie dies jetzt tun. Erstellen Sie eine eindeutige und wirksame Patientenverfügung inklusive Vorsorgevollmacht und bevollmächtigen Sie dabei die genau die Personen, von denen Sie vertreten werden wollen.