Entscheidung über „automatisches Vertretungsrecht“ vertagt
In unserem Newsletter „März 2017“ haben wir bereits über das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Einführung eines „Notvertretungsrechts“ in Gesundheitsangelegenheiten berichtet. Dies sieht der Gesetzgeber als notwendig an, da Ehegatten und Lebenspartner derzeit nicht „automatisch“ berechtigt sind, über Behandlungsmaßnahmen im Notfall zu entscheiden, wenn ihr Partner dazu nicht mehr in der Lage ist. In letzter Instanz sollte der Bundesrat die Zustimmung zur Einführung des Gesetzes erteilen, hat diesen Punkt jedoch kurzfristig von der Tagesordnung genommen. Wie geht es jetzt weiter?
Warum der Bundesrat seine eigene Gesetzesinitiative nicht beschließt
Das Gesetzgebungsverfahren wurde in 2016 vom Bundesrat initiiert. Die Bundesregierung hat den Gesetzesentwurf nach Anpassungen durch den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz in einer geänderten Fassung am 18.05.2017 angenommen. Der Bundesrat hätte in der letzten Sitzung vor der Sommerpause am 07.07.2017 das Gesetz beschließen können, nahm es aber kurzfristig von der Tagesordnung. Was auf den ersten Blick unverständlich erscheint, hat jedoch einen durchaus nachvollziehbaren Hintergrund.
Das „Gesetz zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern“, wie es offiziell heißt, hatte nicht nur die Änderung des Vertretungsrechts zum Inhalt. Gleichzeitig waren ein Einsichtsrecht des Arztes in das Zentrale Vorsorgeregister sowie die Erhöhung der pauschalen Stundensätze für Berufsbetreuer um 15 Prozent im geänderten Gesetzesentwurf enthalten.
Der Rechtsausschuss des Bundesrates sah in der Änderung der Vertretungsregelungen und der Erhöhung der Vergütung im selben Gesetzesentwurf eine nicht sachgemäße Verknüpfung unterschiedlicher Themen und empfahl die Absetzung von der Tagesordnung; das Plenum folgte dieser Empfehlung (Information des Bundesrates: hier). Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Berufsbetreuer (BdB) zeigte sich darüber empört, zumal der Bundestag im Mai mit großer Mehrheit zustimmte (Stellungnahme des BdB: hier ). Nun ist auch die höhere Vergütung, die bereits ab 01.10.2017 vorgesehen war, in Gefahr.
Wie geht es weiter?
Die nächste Sitzung des Bundesrates ist für den 22.09. geplant. Sie ist gleichzeitig die letzte Sitzung in dieser Legislaturperiode, da am 24.09.2017 die Bundestagswahl stattfindet. In dieser letzten Sitzung kann allerdings nur der unveränderte Gesetzesentwurf abgelehnt oder diesem zugestimmt werden. Eine geänderte Fassung kann aufgrund der endenden Bundestagsperiode nicht mehr verhandelt werden. Da alle Gesetzesvorhaben mit der Neuwahl hinfällig sind, müsste dieser oder ein geänderter Entwurf nach der neuen Konstituierung des Bundestages erneut eingebracht werden.
Es bleibt also abzuwarten, wie der Bundesrat im September entscheiden wird. Gegebenenfalls werden sich die Einführung des neuen Vertretungsrechts sowie die Anhebung der Vergütung für Berufsbetreuer erheblich verzögern.
Unsere Empfehlung
Unabhängig von der Entscheidung am 22.09.2017 empfehlen wir weiterhin:
Wer sicher gehen möchte, dass Ehegatten, Lebenspartner, Kinder oder Vertrauenspersonen auch bei einem länger anhaltenden Vertretungsbedarf handlungsfähig bleiben, sollte auch künftig eine Vorsorgevollmacht und eine Betreuungsverfügung erstellen.
Dadurch wird eine selbst gewählte Vertrauensperson bevollmächtigt und in die Lage versetzt, im Auftrag des Vollmachtgebers zu handeln und den in einer Patientenverfügung festgelegten Willen um- und durchzusetzen.
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Worauf es bei einer Patientenverfügung wirklich ankommt
Es existieren viele Muster, Vordrucke und Ankreuzformulare für Patientenverfügungen. Außerdem ranken sich viele Mythen um dieses Thema. Erfahren Sie 5 grundlegende Dinge, worauf es wirklich ankommt, damit im Ernstfall der in einer Patientenverfügung festgelegte Wille auch tatsächlich zur Anwendung kommt.
Etwa zwei Drittel der Erwachsenen haben noch keine Patientenverfügung, kennen aber diese Möglichkeit der Vorsorge und planen, eine Patientenverfügung zu erstellen. Die Angebote dazu sind vielfältig und reichen von Informationsbroschüren, Ratgebern und Formularen bis hin zu innovativen Online-Diensten. So vielfältig wie die Angebote sind auch die Unterschiede beim Anwenderkomfort sowie der Sicherheit und Wirksamkeit. Aus diesem Grund wollen wir Sie nachfolgend über 5 essentiell wichtige Aspekte informieren, damit eine Patientenverfügung im Ernstfall schnell und sicher zur Anwendung kommen kann. Auch Leser, die bereits eine Patientenverfügung erstellt haben, sollten prüfen, ob ihre Vorsorgedokumente diesen Anforderungen entsprechen.
- Schriftlich verfasst und unterschrieben
Nach den gesetzlichen Vorgaben des § 1901a BGB sind die für den Fall einer Einwilligungsunfähigkeit gewünschten Regelungen zu Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffen in einer Patientenverfügung schriftlich festzulegen. Eine handschriftliche Dokumentation ist nicht erforderlich. Die Patientenverfügung kann auch maschinell erstellt werden oder man nutzt Textbausteine bzw. Vordrucke. Beachten Sie hierzu aber bitte Punkt 2!
Eine eigenhändige Unterschrift ist hingegen zwingend erforderlich. Ohne die persönliche Unterzeichnung ist die Patientenverfügung nicht gültig. Wer möchte, kann über eine öffentliche oder notarielle Beglaubigung die Echtheit seiner Unterschrift (Übereinstimmung mit dem Personalausweis) auf der Patientenverfügung bestätigen lassen. - Eindeutig und widerspruchsfrei
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem wegweisenden Urteil in 2016 entschieden, dass eine Patientenverfügung für eine eindeutige Auslegung des Willens hinreichend konkret formuliert sein muss. Dazu gehören die ausreichend spezifisch benannten Anwendungssituationen / Krankheitsbilder sowie die gewünschten oder abgelehnten medizinischen Maßnahmen. Zu pauschale Formulierung wie „Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen, die mein Leiden unnötig verlängern“ lassen zu viele Interpretationen zu. Gilt diese Festlegung wirklich für JEDE Situation, also auch im Falle einer Operation nach einem Unfall, wo gute Heilungschancen bestehen?
Manche im Internet verfügbaren Formulare und Vordrucke erfüllen diese Spezifizierung nicht und lassen keinen Raum für individuelle Wertevorstellungen. Durch falsch zusammengestellte Textbausteine oder falsch gesetzte Kreuze auf Formularen können sogar Widersprüche in den Festlegungen entstehen, zum Beispiel die Abwahl intensivmedizinischer Maßnahmen bei gleichzeitigem Organspendewunsch. Für die Organentnahme sind Intensivmaßnahmen jedoch zwingend erforderlich. Welche Festlegung soll nun gelten?
Die Wirksamkeit von Patientenverfügungen steht und fällt mit der Eindeutigkeit des erklärten Patientenwillens. - Aktuell
Es sollte eindeutig sein, dass Ihr dokumentierter Wille im Notfall aktuell ist. Daher sollten Sie Ihre Patientenverfügung anpassen, wenn dies durch veränderte Situationen im persönlichen Umfeld (z.B. Scheidung, hinzutretende Krankheiten, veränderte Wertevorstellungen) notwendig wird. Selbst wenn Ihre Verfügungen über Jahre hinweg unverändert gelten sollen, sollten Sie alle 2 Jahre auf dem Dokument mit Datum und erneuter Unterschrift bestätigen, dass die getroffenen Regelungen weiterhin anzuwenden sind. Damit räumen Sie Zweifel aus, ob die Festlegungen weiterhin Ihrem Willen entsprechen. - Verfügbar
Was nützt die „beste Patientenverfügung“, wenn sie nicht verfügbar ist?
In Notfallsituationen ist es wichtig, dass der Arzt sofort von der Patientenverfügung und deren Inhalt Kenntnis erhält. Im Ernstfall sind regelmäßig in den ersten 24 bis 48 Stunden die wichtigsten Behandlungsentscheidungen zu treffen. Sie sollten daher immer einen Hinweis über das Vorliegen der Verfügung mit sich führen sowie der Information, wo oder über wen (Kontaktpersonen) das Dokument verfügbar ist. Nachteilig ist, wenn die Kontaktpersonen dann nicht erreichbar sind.
Deshalb sind digital archivierte Dokumente, die jederzeit über das Internet verfügbar sind, sehr komfortabel. Der Zugang wird meist über einen auf einer Notfallkarte vermerkten Code hergestellt. Diese Dienste sind meist kostenpflichtig, dafür geht keine wertvolle Zeit verloren.
Bei der Bundesnotarkammer ist auch eine kostenpflichtige Registrierung möglich. Gerichte (nicht jedoch die behandelnden Ärzte) können darüber erkennen, dass eine Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und / oder Patientenverfügung existiert. Der Inhalt der Patientenverfügung ist allerdings nicht einsehbar. - Um- und Durchsetzung des Patientenwillens
Eine Patientenverfügung wird herangezogen, wenn der Patient einwilligungsunfähig ist. Da Angehörige nicht automatisch berechtigt sind, die Entscheidungen für den Patienten zu treffen, sollte im Vorfeld festgelegt werden, wer die Regelungen der Patientenverfügung überwachen und wenn notwendig auch durchsetzen soll. Die Berechtigung erhält die Vertrauensperson über eine Vorsorgevollmacht für Gesundheitsangelegenheiten. Mit einer zusätzlichen Betreuungsvollmacht können Sie eine Person benennen, die bei Bedarf vom zuständigen Gericht als gesetzlicher Betreuer bestellt werden soll. Eine Vorsorgevollmacht ist einer Betreuung gegenüber vorrangig! Die gesetzliche Betreuung greift also nur, wenn keine Vollmacht vorliegt, diese nicht zur Anwendung kommen kann oder besonders schwerwiegende Entscheidungen wie z. B. bei freiheitsentziehenden Maßnahmen wie die Fixierung im Krankenbett getroffen werden müssen.
Wenn Sie diese 5 Hinweise beachten, stehen die Chancen sehr gut, dass Ihr festgelegter Wille auch in Notfallsituationen Anwendung findet. Selbstverständlich haben wir bei der Entwicklung von Meine Patientenverfügung alle Punkte berücksichtigt.
Haben Sie eine Patientenverfügung und möchten wissen, ob sie ausreichend konkret formuliert ist? Dann machen Sie jetzt den Kurzcheck .